Grußwort zum Jahreswechsel

Ein weiteres Jahr ist vorüber gezogen und damit auch das zweite Jahr der Verbandsarbeit. Nachdem wir unser erstes Verbandsjahr unter wirklich nicht einfachen Bedingungen bestreiten mussten, es gab noch keine Strukturen, keine Abläufe und plötzlich waren wir inmitten eines Gesetzgebungsprozesses, war dieses zweite Jahr nicht weniger stürmisch. Allerdings stehen wir inzwischen weitaus stabiler „an Deck“, egal wie stürmisch es wird.

In Medien und Politik wird immer noch gerne vor Alternativprodukten zum Tabakrauchen gewarnt, allerdings zeigen sich dort auch die ersten Risse. Wir haben bei politischen Gesprächen mit Verantwortlichen teilweise großes Verständnis für unsere Argumente gehört und auch in der Wissenschaft nährt man sich hierzulande zaghaft z.B. der E-Zigarette als Mittel zum Rauchstopp an. Was das angeht ist es in Deutschland auch wirklich höchste Eisenbahn, schließlich sind die Raucherraten nicht einfach nur gestiegen sondern regelrecht explodiert, inzwischen raucht statistisch wieder jede/r dritte Deutsche – eine Katastrophe für die öffentliche Gesundheit.

Gesetzgeber und Behörden zeigen sich dieser Entwicklung gegenüber nicht einfach nur hilflos, sondern sind oft sogar aktiv kontraproduktiv. Während ein „Mehr vom Gleichen“ durch den Bundesdrogenbeauftragten einfach nur öffentliche Gelder ohne Wirkung auf die Raucherraten vergeudet, ist die Neufassung der Tabaksteuer ein regelrechtes Geschenk an die Tabakkonzerne. Nicht nur, dass die Preise für Rauchtabak wieder einmal nur in homöopathischen Dosen erhöht werden, bei der mit Abstand ungesündesten Variante, dem losen Drehtabak, ist man sogar noch einmal extra niedrig rangegangen. Gleichzeitig werden schadensreduzierte Produkte wie Tabakerhitzer und E-Zigaretten demnächst absurd überhöht besteuert. So entsteht eine Lenkungswirkung hin zu mehr Rauchern, etwas das ja angeblich politisch niemand will.

Was uns dieses Jahr auch begleitet hat war das Thema Wegwerf-E-Zigaretten, sog. Disposables. Wir waren der erste politische Akteur, der vor diesem Trend gewarnt hat, Presse und Politik brauchten danach fast ein halbes Jahr, um das Thema aufzugreifen. Nach wie vor sehen wir als Verband diese Produkte außerordentlich kritisch. Mit all den Problemen rund um Umwelt- und Jugendschutz, welche diese Produkte aufwerfen und dem erheblichen Aufwind für Schwarzmarktvertrieb besteht nach wie vor die große Gefahr, dass eindämmende Regulierungen auch andere E-Zigaretten als Kollateralschaden betreffen.

In diesem Jahr haben wir auch wiederholt an wissenschaftlichen Veranstaltungen im Bereich der Tabakkontrolle teilgenommen. Während wir im „Lager“ der Harm Reduction Befürworter einen freundlichen Austausch pflegen und uns auch mit der Verbraucherperspektive aktiv mit Inhalten einbringen konnten, werden wir außerhalb davon bei den klassischen Tabakbekämpfern leider allzu oft als verlängerter Arm der Tabakindustrie wahrgenommen und behandelt. Der Argwohn und die Vorsicht in diesem Bereich sind außerordentlich groß, wofür wir aufgrund der Geschichte der Tabakkontrolle großes Verständnis haben. Hier Vertrauen aufzubauen wird sicher noch eine Weile brauchen und wir bieten auch weiterhin jedem Gesprächspartner an, bei unserer absoluten Unabhängigkeit völlige Transparenz herzustellen.

Die Daten unserer selbst durchgeführten Nutzerbefragungen zu Reaktionen auf die Steuer und zum Dual-Use sorgten allerdings für großes Interesse, sowohl bei der Politik als auch in Teilen der wissenschaftlichen Community, was für uns auch heißt,  bezüglich der Datenlage weiter am Ball zu bleiben.

Wer immer noch Zweifel hatte, ob wir uns wirklich soweit professionalisiert haben, wie es für diese schwierigen Themen erforderlich ist dürfte auf der Hall of Vape, der größten E-Zigarettenmesse Europas, eines Besseren belehrt worden sein. Nicht nur, dass wir dort einen Stand betrieben haben, der sehr viel Lob bekam, auch unsere Beiträge bei den Podiumsdiskussionen sorgten für großes Interesse und Applaus.

Für viele ehemaliger Raucherinnen und Raucher stellt sich die Lage um die schadensminimierten Alternativen zum Rauchen als zunehmend frustrierend dar, was einen Rückzug ins Private bedeutet. Aber der Kampf ist noch lange nicht vorbei, wir werden auch 2023 dort sein, wo die entsprechenden Themen brennen, sei es im Bundestag oder im Europaparlament und je mehr Menschen mit uns kämpfen, desto mehr können wir auch erreichen.

Der Vorstand wünscht allen Mitgliedern, Mitlesenden, Interessierten, ganz besonders auch unseren wissenschaftlichen und politischen Ansprechpartnern einen guten Rutsch ins Jahr 2023 und allen, die jetzt mit oder ohne einer schadensreduzierten Alternative das tödliche Rauchen hinter sich lassen viel Erfolg.

 

Simon Bauer, 1. geschäftsführender Vorsitzender

Andreas Schimo, 2. geschäftsführender Vorsitzender

Gregor Hartmaier, 3. Vorsitzender

Markus Ense, Kassenwart 

Grußwort zum Jahreswechsel
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Bundesverband Rauchfreie Alternative e. V.
Der BVRA e. V. ist ein unabhängiger Konsumentenverband. Wir setzen uns ein für die Tobacco Harm Reduction und eine Beurteilung aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse.

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