Das Jahr 2023 war für die Bekämpfung von durch Tabak verursachten Erkrankungen und Tod ernüchternd. Im Zuge der Coronapandemie hat sich in Deutschland eine im internationalen Vergleich absurd hohe Raucherquote (Erwachsene 33%, Jugendliche 15%, DEBRA) etabliert. Politik, Ärzteverbände, Tabakkontrolle und Medien stehen diesen Zahlen hilflos gegenüber und ignorieren oder bekämpfen gleichzeitig das Konzept der Tobacco Harm Reduction.
Als Konsumentenverband für risikominimierte Alternativprodukte zur klassischen Verbrennungszigarette haben wir diesbezüglich Verbandsarbeit auf diversen Ebenen betrieben. Dabei waren die für uns wichtigen Ziele, mit Verantwortlichen direkt ins Gespräch zu kommen, an Prozessen aktiv mitzuarbeiten, unsere Vernetzung außerhalb der Dampferszene voranzutreiben und klassische Medien zu erreichen. Folgend ein Rückblick auf unser Jahr mit Auszügen aus den Verbandsaktivitäten und ein Ausblick auf 2024.
Stellungnahmen
Mit der Verwendung einer rhetorischen Nebelkerze unter Bemühung des Jugendschutzes, wird regelmäßig ein Verbot von Aromen für E-Zigaretten gefordert. Stellvertretend haben wir die Position der Bundesärztekammer eingeordnet und scharf kritisiert. Einer kleinen parlamentarischen Anfrage der Fraktion Die Linke konnten wir inhaltlich zuarbeiten und haben anschließend die von Naivität und mangelnder Fachkompetenz geprägten Antworten der Bundesregierung aufgearbeitet. Zum Weltnichtrauchertag haben sich zu unserer Verblüffung sowohl staatliche, wie auch nichtstaatliche Organisationen hauptsächlich an der E-Zigarette abgearbeitet und das eigentliche Problem des Rauchens ignoriert, worauf wir mit einem offenen Brief an den Bundesdrogenbeauftragten reagiert haben. Darüber hinaus konnten wir uns mit der Rheinpfalz, der Berliner Zeitung und dem Nordkurier in drei klassischen Printmedien zu der Besteuerung von Liquids für E-Zigaretten positionieren, sowie zwei Kapitel zu Erfahrungen und Forderungen von Konsumenten zum Fachbuch „Die Zigarette liegt in den letzten Zügen“ aus dem Fachhochschulverlag beisteuern.
Politik
Mehrere Bundesländer hatten im Handel ein Merkblatt verteilt, laut dem Angaben zu Aromen/Geschmack in Liquids rechtlich nicht zulässig wären. Wir haben dieser Rechtsauffassung entschieden widersprochen und konnten damit eine Aussetzung und Überprüfung des Vorgehens erreichen. Im Zuge der Legalisierung bzw. Entkriminalisierung von Cannabis plant die Bundesregierung die Gleichstellung der E-Zigarette mit der Verbrennungszigarette im Bundesnichtraucherschutzgesetz durch die Hintertür. Wir konnten uns mit einer Verbandsstellungnahme aktiv an diesem Gesetzgebungsprozess beteiligen. In einem offenen Austausch mit dem Büro des Bundesdrogenbeauftragten konnten wir eine schnelle, einfache und effektive politische Lösung für die von Disposables verursachten Probleme bei Jugend-, Umwelt- und Verbraucherschutz ins Spiel bringen, welche gleichzeitig auch die absurden Auswüchse der unter dubiosen Bedingungen entstandenen Besteuerung von Liquids für E-Zigaretten korrigieren würde. Nach unserer Aufnahme in den DIN Verbraucherrat konnten wir dort Akzente zur zukünftigen Normung von E-Zigaretten setzen.
Veranstaltungen
Die aktive und persönliche Teilnahme an Veranstaltungen ist unerlässlich, um Positionen in Debatten einzubringen, Kontakte zu knüpfen und informellen Austausch zu betreiben. Wir konnten dieses Jahr am hochkarätig besetzten Global Forum on Nicotine in Warschau, der InterTabac in Dortmund, einer mit Wissenschaftlern und Politikern besetzten Konferenz zu Aromenverboten in Berlin, einer Fachtagung zu innovativen Rauchentwöhnungsstrategien in Frankfurt und der Hall of Vape in Stuttgart teilnehmen.
Gastartikel
Unsere zunehmende Vernetzung spiegelt sich auch in Gastartikeln anerkannter Experten wider. Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft hat für uns zu den Problemen bei der Entsorgung von Disposables berichtet und Dr. Steinmetz zur gesundheitspolitisch immens wichtigen Differenzierung von Tabak, Rauch, Dampf und Nikotin.
Verbraucherschutz
Mehrere Nachfragen von Konsumenten haben uns dazu veranlasst, die gültigen Regeln für Entsorgung und Rücknahme von Akkus darzustellen. Erfreut haben wir dabei zur Kenntnis genommen, dass sich Teile unserer Ausführungen mittlerweile wortgleich auf den Seiten des Bundesministeriums für Umwelt wiederfinden. Beim Thema Disposables haben wir Hersteller und Importeure dazu angemahnt falsche Werbeversprechen bezüglich Zugzahl, Akkukapazität und Inhalt zu unterlassen. Außerdem haben wir verfügbare Informationen zum Dampfen im Ausland in der Urlaubszeit gebündelt.
THR-Bot installiert
Aufgrund zahlreicher Nachfragen zum Thema Tobacco Harm Reduction (THR) haben wir uns entschlossen, einen Bot auf unserer homepage zu installieren, dem man Fragen zum Themenkomplex THR und unserem Verband stellen kann. Im Hintergrund arbeitet eine Version von Chat GPT 4.0, die auf genau solche Fragen trainiert ist. Die hinterlegten Artikel und Studien werden natürlich fortlaufend aktualisiert und erweitert. Den Bot öffnet man über das Sprechblasensymbol auf unserer Website unten rechts. Er ist seit November 2023 online.
Ausblick auf 2024
Wir gehen davon aus, dass sich die Debatten im kommenden Jahr um Disposables, allgemeine Aromenverbote und den Jugendschutz drehen werden. Dabei wird es wichtig werden, sprachlich genau zu differenzieren und die Unterschiedlichkeit der Geräte in Bezug auf Zielgruppen, Nutzung und Nutzen für Außenstehende darzustellen. Nachdem wir als Verband 2023 von politischen Themen dominiert waren, wollen wir zukünftig auch einen stärkeren Fokus auf Fragen des Verbraucherschutzes richten.
Wir bedanken uns bei allen Mitarbeitern, Begleitern, Unterstützern und Mitgliedern für die Zusammenarbeit im zurückliegenden Jahr und wünschen einen geruhsamen Jahresausklang und verabschieden uns mit dem wohl eindringlichsten Zitat des Jahres:
Es sollte inzwischen unter Gesundheitsexpertinnen und -experten bekannt sein, dass die E-Zigarette ein Produkt ist, das nicht nur Leben retten kann, sondern dies bereits tut. Deshalb sollten Gesundheitspolitikerinnen und -politiker um so vorsichtiger sein, wenn sie mittels Gesetzen, Verordnungen und öffentlich geäußerten Meinungen die Verfügbarkeit und Akzeptanz negativ beeinflussen. Tabakrauch ist nicht das Gleiche wie Tabak und Tabak ist nicht das Gleiche wie Nikotin. Es ist wichtig sprachlich zu differenzieren und nicht den Nichtraucherschutz durch eine falsche Gleichstellung von höchst unterschiedlichen Produkten ad absurdum zu führen. Je früher Menschen zu weniger gefährlichen Produkten wechseln, desto geringer sind die individuellen Gesundheitsrisiken, aber auch die allgemeinen Gesundheitskosten, die durch das Rauchen verursacht werden.
Dr. Fabian Pitter Steinmetz in: Nikotin ≠ Tabak und Tabak ≠ Tabakrauch
Beitragsbild von anncapictures bei pixabay
bvra
Neueste Artikel von bvra (alle ansehen)
- Meeting mit dem Büro des Bundesdrogenbeauftragten - 20. November 2024
- MHD bei Liquids? - 29. September 2024
- Besuch der InterTabac 2024 - 23. September 2024