Am 07.11.2023 führten die Vorstände Simon Bauer und Markus Ense eine Videokonferenz mit dem Büro des Drogenbeauftragten der Bundesregierung. Auf der Seite des Bundesdrogenbeauftragten nahmen Dr. Jörg Pietsch (Leiter des Arbeitsstabes) und Marina Horn teil. Das Gespräch dauerte über eine Stunde und nahm an einem zentralen Punkt eine überraschend konstruktive Wendung.
Dr. Pietsch bat zunächst um eine kurze Vorstellungsrunde weil er Markus Ense noch nicht kannte. Simon Bauer war ihm noch bekannt aus dem ersten Gespräch vom 13.05.2022. Frau Horn wollte abschließend noch wissen, wie wir denn zur E-Zigarette gekommen sind und ab wann wir uns als Nichtraucher fühlten. Nach kurzer Schilderung unserer Umstiegsgeschichte begann der Austausch mit dem Thema Aromen.
Aromendiskussion
Dr. Pietsch stellte klar, dass er es nicht für geboten hält, den gesamten Markt zu zerstören, aber die Aromenvielfalt sieht er als ein attraktives Mittel, um mit dem Konsum von E-Zigaretten überhaupt erst anzufangen. Sein Hauptinteresse gilt der Prävention besonders in der Altersgruppe 14 bis 17 Jahre. Wer nie geraucht oder gedampft hat, sollte damit auch gar nicht erst anfangen. Daher gelte es, die Attraktivität zu verringern. Eine Einschränkung der Aromen könne dafür ein Hebel sein. Wir entgegneten, dass damit allerdings auch die Option eines erfolgreichen Umstiegs für Raucher stark reduziert würde und sich gleichzeitig die Gefahr erhöht, dass Nutzerinnen und Nutzer von schadensreduzierten Alternativprodukten wieder zum Tabakrauchen zurückkehren. Dieser Kollateralschaden ist um einiges höher, als die Prävention bei den Jugendlichen. Simon Bauer führte aus, dass es die Aromen schon seit Beginn der Markteinführung der E-Zigarette gibt. Sie waren nie der ausschlaggebende Faktor gewesen, warum ein Jugendlicher die E-Zigarette ausprobiert hat. Die Nutzungszahlen in dieser Altersgruppe bewegten sich immer nur zwischen etwa 2% und zuletzt (2021 – vor Corona) 0,5%. Erst mit dem Aufkommen des Convenience Produktes Disposables schnellte auch die Nutzerzahl höher auf aktuell etwa 2,5% (Stand: 12/2022 nach DEBRA). Zugleich ging aber auch die Zahl der jugendlichen Tabakraucher von 8,7 auf 15,9% rasant nach oben. Und diese Entwicklung sehen wir um einiges kritischer.
Steuerpolitik
Die Steuerpolitik sieht auch das Büro des Drogenbeauftragten mit sehr gemischten Gefühlen. Die Anhebung der Tabaksteuer war viel zu gering, um einen sichtbaren Effekt bei der Bekämpfung des Tabakkonsums zu haben. Auch die Besteuerung der nicht-nikotinhaltigen Flüssigkeiten sei nicht zielführend. Die Umsetzung des Tabaksteuergesetzes in der jetzigen Form war eine rein fiskalpolitische Entscheidung (Sicherung der Steuereinnahmen). Dass gesundheitspolitische Bedenken keine Berücksichtigung fanden, sah Dr. Pietsch kritisch. Markus Ense merkte an, dass in allen Ländern mit niedriger Raucherquote einerseits die Tabakprodukte um einiges teurer sind als in Deutschland, und anderseits lässt man dort alternative Produkte leben oder fördert sie gar. Eine Anhebung der Tabaksteuer (für Rauchtabak) ist in dieser Legislatur allerdings nicht machbar. Im Koalitionsvertrag steht klar vermerkt, dass Steuererhöhungen nicht vorgenommen werden sollen.
Disposables
Einigkeit herrschte bei der Einschätzung des Produktes Einweg E-Zigarette. Dass diese Produktgattung erhebliche Probleme verursacht war bei allen Konsens. Ein direktes Verbot lässt sich mit geltendem EU Recht allerdings nicht durchsetzen. Deshalb ist man überall in Europa auf der Suche nach Wegen aus diesem Dilemma. Simon Bauer brachte an dieser Stelle den Lösungsvorschlag des BVRA in Anlehnung an den Schweizer Reformvorschlag ins Gespräch. In Kürze: Dabei besteuert man nur nikotinhaltige Nachfüllflüssigkeiten, um den Markt nicht weiter zu erodieren, und erhebt auf Einwegprodukte dann aber einen vielfachen Steuersatz – dort dann aber wiederum für alle Flüssigkeiten. Wir hatten Anfang 2023 an Finanzpolitiker eine ähnlichen Vorschlag unterbreitet. Dieser Weg hatte zuletzt das Jugendschutzproblem bei den Alkopops weitgehend gelöst. Dr. Pietsch kannte diesen Vorschlag so nicht, zeigte aber nach Erläuterung der Details großes Interesse und sagte zu, dies in die Debatten mit Gesundheitspolitikern der Regierungsfraktionen einzubringen. Zu diesem Zweck haben wir ein neues Arbeitspapier entworfen und an das Büro des Bundesdrogenbeauftragten übermittelt.
Fazit
Die Befürchtung, dass das Gespräch in einem Schlagabtausch verhärteter Positionen mündet, hat sich erfreulicherweise nicht erfüllt. Im Kern wollen alle Beteiligten dasselbe: Senkung der Raucherzahlen, Verschwinden der Disposables vom Markt und Einhaltung des Jugendschutzes. Wenn wir als Konsumentenverband mit kurzfristig umsetzbaren Vorschlägen eine Diskussion anstoßen können, dann müssen wir dieses Gespräch als außerordentlich konstruktiv bewerten. Wir bedanken uns bei Herrn Dr. Pietsch und Frau Horn für den konstruktiven fachlichen Austausch.
Arbeitspapier_Einweg_Steuer_BVRA.pdf
bvra
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