Skandalöse Fehlentscheidung in Hessen
Am 10.11.2021 verabschiedete der Hessische Landtag laut dpa-Mitteilung eine Gesetzesnovelle zur Verschärfung des Nichtraucherschutzgesetzes in Hessen. Faktisch stellt er damit die Tabakzigarette und die erheblich weniger schädlichen E-Zigaretten oder Tabakerhitzer ohne Differenzierung gleich.
Es ist schon längst wissenschaftlicher Konsens, dass das Schadenspotential der Dampfgeräte und auch der Tabakerhitzer nur einen Bruchteil dessen ausmacht, was der verbrannte Tabak generiert. Diese Erkenntnis ist auch bei den Grünen auf Bundesebene angekommen:
„Die Steuer auf Rauch- und Dampfprodukte hat auch eine präventive Funktion. Sie muss sich am Gefährdungspotential der Produkte orientieren“ (Pressemitteilung der Grünen zur Tabaksteuerrichtlinie)
Der hessische Minister für Soziales und Integration, Kai Klose (B90/Grüne), sieht das offenbar anders. Für ihn ist alles was raucht oder dampft das Gleiche, „da der durch die Benutzung dieser Produkte entstehende Dampf durch die Exhalation der Konsumierenden die Raumluft in ähnlich gesundheitsschädlicher Weise belastet, wie herkömmlicher Zigarettenrauch“ (Drucksache 20/5996) Das ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht haltbar!
Er hatte den Gesetzesentwurf bereits im Juni in den Landtag eingebracht. Das Ziel, die Menschen vor dem Passivrauchen zu schützen und den Konsum an Tabakzigaretten einzuschränken, mag erst einmal sinnvoll erscheinen. Aber dann muss man sich auch genauer anschauen, welche Schadstoffe denn in welchem Ausmaß überhaupt in Erscheinung treten. Das wurde jedoch von den Verantwortlichen versäumt.
Beispiel Formaldehyd. In der Begründung zum Gesetzesentwurf heißt es in Drucksache 20/5996 vom 22.06.2021:
„Beim Konsum von elektronischen Zigaretten und Tabakerhitzern werden teilweise die gleichen Stoffe wie beim herkömmlichen Rauchen, aber auch weitere gesundheitsgefährdende Stoffe in die Umgebungsluft abgegeben. Dazu gehören neben Nikotin zum Beispiel Propylenglykol, Glyzerin, Aromen mit allergener Wirkung, wie zum Beispiel Eugenol und Benzylalkohol, auch in geringen Mengen kanzerogene Stoffe, wie Formaldehyd, Benzol, und tabakspezifische Nitrosamine […]“
Jeder Lungenatmer produziert während des Stoffwechsels Formaldehyd. Wenn man diesen Stoff nicht messen würde beim Ausatmen von Luft oder Dampf, wäre das schon recht merkwürdig. Die Begründung schränkt zwar ein mit „auch in geringeren Mengen“, aber es bleibt die Frage, wie viel weniger? Diese Frage hat das Fraunhofer Institut auch beschäftigt. In dem Bericht zur Emission aus elektronischen Zigaretten kommen das Institut zu folgendem Schluss:
„Bei der elektronischen Zigarette erfolgt die Freisetzung von Substanzen in die Raumluft praktisch nur über das Atemgas des Konsumenten. […] Eine Freisetzung von Formaldehyd konnte bei der Verwendung der e-Zigarette nicht nachgewiesen werden.“
Formaldehyd entsteht also primär durch den Probanden selbst. Die Produktion von Formaldehyd im Gerät entsteht vorwiegend durch unsachgemäßen Gebrauch. Die bestimmungsgemäße Verwendung der E-Zigarette beinhaltet jedoch auch für Passivdampfer in derselben Umgebung keine Gesundheitsgefahr.
Die amerikanische Behörde FDA (Food and Drug Administration) hat für inhalative Medikamente Grenzwerte für bekannte Schadstoffe festgelegt. Alle Emissionen der E-Zigarette waren nach einer Studie von Dr. Konstantinos Farsolinos weit unter den vorgegebenen Richtwerten und wären demnach als gesundheitlich unbedenklich einzustufen.
All diese Erkenntnisse haben die Hessischen Grünen mit ihrem Gesetzentwurf ignoriert und argumentieren zur Durchsetzung lieber mit den Ängsten der Menschen, es könnte ja vielleicht und ganz eventuell da irgendetwas sein. Die wissenschaftliche Faktenlage wird ausgeblendet, denn sie würde den Entwurf unhaltbar machen.
Eine Gleichstellung von Tabakzigaretten mit neuen alternativen Formen des Nikotinkonsums ist ein gesundheitspolitisches Fiasko. Mögliche Umsteiger werden dadurch massiv verunsichert und werden stattdessen vermutlich lieber weiter rauchen.
Quellen:
https://www.tandfonline.com/eprint/FR5NcNQmVeJnH3sh9hpZ/full
Artikelbild „Wiesbadener Schloss von H. Heibel, 2009 zur Verwendung freigegeben durch https://hessischer-landtag.de/
bvra
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