Görke, Django und Ballerliquids – Drogen in Vapes

Seit einiger Zeit machen Schlagzeilen die Runde, in denen von massiven Problemen mit synthetischen Cannabinoiden die Rede ist. Wir haben die Suchttherapeutin Stefanie Bötsch gefragt, ob sie diese Problematik für uns näher erläutern kann, da sie sich bereits sehr intensiv damit beschäftigt hat. In ihrem wissenschaftlichen Podcast Psychoaktiv  hat sie dieses Problem bereits in zwei Folgen aufgegriffen. Hier ist ihr Gastartikel, gefolgt von unserer eigenen Einschätzung zur Sachlage.

 

Görke, Ballerliquid, C-Liquid, Django – Synthetische Cannabinoide für die Vape

Stefanie Bötsch

von Stefanie Bötsch

Seit einigen Jahren werden synthetische Cannabinoide als E-Liquid für Vapes angeboten. Hinter harmlos klingenden Namen wie „Görke“ oder „Django“ verbergen sich hochpotente Substanzen, die immer wieder für Verwirrung sorgen. Sobald ein neuer Begriff für diese Konsumform auftaucht, berichten die Medien oft von einer „neuartigen Droge“ – dabei ist die Problematik längst bekannt. Lediglich die Bezeichnungen ändern sich, nicht jedoch die Risiken.

Was sind synthetische Cannabinoide?

Synthetische Cannabinoide sind keine einzelne Substanz, sondern eine Vielzahl chemischer Verbindungen, die die Wirkung natürlicher Cannabinoide nachahmen sollen. Ursprünglich wurden sie für die medizinische Forschung entwickelt, da man hoffte, bestimmte therapeutische Effekte von Cannabis nachzuahmen. Das Ergebnis waren jedoch wesentlich potentere Substanzen mit einem erhöhten Schadenspotenzial. Aufgrund diesem fanden synthetische Cannabinoide keinen Platz in der Medizin, wohl aber auf dem Schwarzmarkt.

Schon vor 20 Jahren wurden sie unter Bezeichnungen wie „Spice“ oder als „Kräutermischungen“ verkauft. Damals waren sie noch legal, da sie nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fielen. Die Substanzen wurden meist auf pflanzliches Material gesprüht und anschließend geraucht.
Mit der Einführung des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes (NpSG), das die Regulierung ganzer Stoffgruppen ermöglichte, verloren synthetische Cannabinoide zunächst an Bedeutung. In den letzten Jahren haben sie jedoch im neuen Gewand – als E-Liquid – wieder an Attraktivität für Konsumierende gewonnen.

Görke, Ballerliquid & Co. – unvorhersehbare Nebenwirkungen

Vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind diese E-Liquids aus verschiedenen Gründen beliebt. Die Podcast-Folge: Görke, Baller-Liquid, C-Liquid | Die Droge aus den Vapes beschäftigt sich genau mit diesem Thema des Umgangs junger Erwachsener mit diesen Substanzen. Da das Dampfen in der Öffentlichkeit kaum auffällt, synthetische Cannabinoide in Urinkontrollen schwer nachweisbar sind und das Vapen als eher harmlose Konsumform gilt, unterschätzen viele die Risiken und möglichen Langzeitfolgen.

Synthetische Cannabinoide können jedoch gravierende Nebenwirkungen haben. Diese reichen von Herzrasen, Mundtrockenheit, Kreislaufproblemen und Übelkeit bis hin zu Krampfanfällen, Panikattacken, akuten Psychosen und Bewusstlosigkeit. Zudem weisen sie ein erhebliches Abhängigkeitspotenzial auf. Die Entzugserscheinungen werden oft als besonders unangenehm beschrieben und können sich in extremen Stimmungsschwankungen, Schweißausbrüchen, Schlafstörungen, Nervosität, Aggressionen und Depressionen äußern.

Ein zentrales Problem ist außerdem, dass Konsumierende meist nicht wissen, welches synthetische Cannabinoid sich in einem bestimmten E-Liquid befindet. Manche sind weniger potent, andere extrem stark. Das bedeutet, dass die Wirkung und auch das Risiko gewissermaßen unvorhersehbar ist.

Fazit

Synthetische Cannabinoide in Vapes sind seit mehreren Jahren auf dem illegalen Markt präsent und sorgen immer wieder für Unsicherheiten. Wer den Konsum nicht mehr kontrollieren kann oder sich Unterstützung wünscht, kann sich anonym und kostenlos an DigiSucht: digitale Suchtberatung wenden.

Wichtig ist außerdem, herkömmliche E-Liquids nicht in Verruf zu bringen. Die Debatte um synthetische Cannabinoide und das Vapen von Nikotin oder anderen regulierten Substanzen müssen klar voneinander getrennt werden. Denn im Rahmen eines schadensminimierenden Ansatzes kann der Umstieg von der herkömmlichen Zigarette auf die E-Zigarette sinnvoll sein.

 


 

Simon Bauer – Geschäftsführender Vorstand BVRA e.V.:

Für Laien mag es manchmal schwierig sein, das Eine vom Anderen zu trennen, THC, CBD, HHC, C-Liquids, Görke, Ballerliquid, da fliegen einem schon einige Fachbegriffe und Abkürzungen um die Ohren, das kann selbst für Behörden manchmal schwierig sein. Anlass für diesen Beitrag und unsere Anfrage an Frau Bötsch war ein Presseartikel zum Thema Görke, dabei ist dies ganz besonders ein sehr spezieller Fall. Wir haben uns mal hingesetzt und die Berichterstattung dazu so detailliert wir möglich zurückverfolgt.

Was dabei wirklich spannend ist: die gesamte Berichterstattung über mehrere Jahre hinweg geht auf eine einzige Aussage einer Kleinstadt-Polizeiinspektion im ländlichen Raum zurück. Folgeberichterstattungen zitierten sich im Kreis, referenzierten sich gegenseitig. Die ganze Sache wirkt dadurch größer, als sie tatsächlich ist. Da stellt sich dann schon die Frage, ob der Begriff „Görke“ denn wirklich nur örtlich sehr begrenzt verwendet wird oder ob nicht sogar ein erwischter Straftäter einfach nur überforderten Vernehmungsbeamten ein wildes Märchen erzählt hat. In entsprechenden Lagebildern zur Rauschgiftkriminalität taucht dazu jedenfalls nichts auf.

Der Name mag eine Posse sein, das Phänomen ist aber natürlich echt und synthetische Drogen, in diesem Fall synthetische Cannabinoide, waren auch ohne Konsum in Verdampfern schon lange ein Problem, das auch immer wieder zu Toten führte. Hersteller sind in der Regel keine qualifizierten Chemiker oder Pharmazeuten, sondern Kriminelle oder Konsumenten in „Kellerlaboren“. Entsprechend ist an Wirkungen und eben auch an gefährlichen Nebenwirkungen so ziemlich alles möglich – auch direkt tödliche wie ein sofortiger Atemstillstand und gerne auch von Charge zu Charge unterschiedlich.

Leider hat der Gesetzgeber bei der Entkriminalisierung von Cannabis nur an den Rauchkonsum gedacht, Edibles oder Liquids für Verdampfer sind nach wie vor nicht erlaubt. Hier wäre dringend Nachbesserungsbedarf, um Konsumentinnen und Konsumenten legale und sichere Produkte auch für diese Konsumform zugänglich zu machen.

Görke, Django und Ballerliquids – Drogen in Vapes
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Stefanie Bötsch

M.A. Suchttherapie und Sozialmanagement Suchttherapeutin - VT
Stefanie Bötsch, Suchttherapeutin (M.A.), arbeitet seit 8 Jahren in unterschiedlichen Bereichen der Suchthilfe und produziert seit 4,5 Jahren den wissenschaftlichen Podcast zu Drogen, Konsum und Sucht "Psychoaktiv". Podcast: https://stefanieboetsch.de/podcast/

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