Liquids für E-Zigaretten unterliegen ganz bestimmten Richtlinien und Vorschriften. Unter anderem weil Liquids auch Nikotin enthalten können, hat der Gesetzgeber entschieden, dass sie nicht unter die Bestimmungen für Lebensmittel, sondern das Tabakerzeugnisgesetz fallen. Inhaltsstoffe und Deklarationspflichten sind dabei in der Tabakerzeugnisverordnung geregelt.
Verbraucher kennen dieses System grundsätzlich bereits vom Einkauf im Supermarkt. Auch bei Lebensmitteln gibt es bestimmte Deklarationspflichten für Inhaltstoffe. Ein Blick auf die Milchverpackung z.B. zeigt uns folgende Stoffe an: Fett, gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydrate, Zucker, Eiweiß, Salz (natürlich enthaltenes Natrium). Zusätzlich sind noch Gramm und Prozentwerte pro 100 ml für jeden einzelnen Inhaltsstoff aufgeführt. Diese ausführliche Auflistung soll es dem Verbraucher ermöglichen, eine fundierte Kaufentscheidung zu treffen. Zuletzt kam noch der sog. Nutri-Score hinzu.
Deklaration der Inhaltsstoffe
Ein ähnlicher Ansatz wird in der Tabakerzeugnisverordnung auch für E-Liquids vorgeschrieben. Demnach müsste die Liste z.B. eines einfachen Tabakliquids etwa so aussehen: Pflanzliches Glycerol (VG), Propylenglykol (PG), Aroma, ggf. Nikotin. Wenn keine weiteren Zusatzstoffe eingesetzt wurden, wäre die Liste damit komplett. Ein klassisches Tabakaroma besteht aus mehr als 70 verschiedenen Einzelaromen. Die Frage, ob alle verwendeten Aromen einzeln ausgewiesen werden müssen ist auch so viele Jahre nach Einführung der entsprechenden Regulierungen immer noch ein Streitpunkt. Nach aktuellem Stand wird man das eher verneinen müssen.
Besonders bei fruchtigen Liquids werden allerdings oftmals über die Aromen hinaus noch weitere Zusatzstoffe eingesetzt, nämlich Süßstoffe und sog. Cooling Agents (Stoffe, die ein Empfinden von Kühle und Frische bewirken). Im Fall der Süßstoffe kann das z.B. Sucralose, Neotam, Ethylmaltol, Aspartam oder Stevia sein und im Fall der Cooling Agents haben WS23 oder WS-3 das früher noch häufiger verwendete Menthol (wird aus Minze gewonnen) abgelöst. Der Einsatz dieser Zusatzstoffe muss ausdrücklich in der Liste der Inhaltsstoffe aufgelistet sein, was aber leider oft nicht der Fall ist.
Sonderfall Sucralose
Es gibt sehr viele Liquids am Markt, die sehr süß schmecken oder mit eisiger Kühle locken. Bei diesen Liquids muss man davon ausgehen, dass diese Effekte nur durch den Einsatz von Zusatzstoffen zuzüglich zum Aroma zu erreichen sind. Gerade beim Süßungsmittel Sucralose gibt es sehr viele Vorbehalte, weil der Stoff bereits ab einer Temperatur von etwa 110 Grad karzinogene Chlorverbindungen bilden kann, die niemand freiwillig inhalieren möchte. Die wissenschaftliche Diskussion darüber dauert an, vor allem weil wegen der extrem starken Süßungswirkung von Sucralose i.d.R. nur sehr außerordentlich geringe Mengen verwendet werden und deswegen bisweilen die Relevanz der Problematik in Zweifel gezogen wird.
Wer jedes Risiko vermeiden möchte, der verzichtet auf Liquid-Produkte mit Sucralose! Dazu müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher allerdings auch wissen, ob dieser Stoff eingesetzt wurde oder ob ein anderer Süßstoff enthalten ist. Genau an dieser Stelle liegt das eigentliche Problem. Selbst wenn „Süßstoff“ deklariert wurde, hilft das den Endkunden natürlich nicht beim Erkenntnisgewinn, um welchen Süßstoff genau es sich eben handelt. Um diese Frage zu klären, haben wir eine offizielle Anfrage an die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) gestellt – genauer gesagt an das Verbraucherportal des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) verbraucherlotse.de
Unsere Anfrage
Unsere Email an das Verbraucherportal verschickten wir am 09.10.2024. Wir erklärten darin die anhaltende Diskussion um Sucralose und forderten eine unmissverständliche Auskunft, ob speziell Sucralose oder auch andere Süßungsmittel konkret in der Zutatenliste ausgeführt sein müssen. In unserer Begründung gaben wir an, dass nur durch eine konkrete Deklaration die Verbraucher eine Kaufentscheidung für oder gegen ein Liquid treffen können. Weil wir bis Mitte November noch immer keine Antwort erhielten, fragten wir am 16.11.2024 noch einmal nach.
Am 10.12.2024 erhielten wir dann schließlich doch unsere lange erwartete Antwort. Offenbar ging unser Schreiben erst durch verschiedene Instanzen, denn die Antwort kam weder vom BMEL noch vom BLE, sondern vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), welches zum Geschäftsbereich des BMEL gehört.
Die Antwort
Das BfR stellte zunächst klar, dass es dem Ministerium nicht erlaubt sei, eine individuelle Rechtsberatung durchzuführen oder Rechtsauskünfte in Einzelfällen zu erteilen, obwohl wir eine solche Einzelfallbewertung eigentlich gar nicht verlangt hatten. Dadurch war die Antwort deutlich weniger konkret, als es wohl wünschenswert gewesen wäre. Sie reiht sich aber nahtlos in andere Antworten von anderen Stellen ein, denn beim Thema E-Zigarette scheinen die mit der Umsetzung der Regulierung befassten Stellen oft selbst erstaunlich unsicher zu sein. Definitives hört man selten, bei unterschiedlichen Stellen gibt es verschiedene, teilweise sich direkt widersprechende Rechtsauffassungen zu solchen Fragen.
Sie führten weiter aus:
Die Kennzeichnung von E-Zigaretten und E-Liquids ist in § 27 Absatz 1 Nr. 1 TabakerzV geregelt. Nach § 27 Absatz 1 Nr. 1 sind Hersteller und Importeure von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern vor dem Inverkehrbringen zur Aufbringung einer Liste auf Packungen und Außenverpackungen von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern verpflichtet. Auf dieser Liste müssen alle Inhaltsstoffe in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils angegeben werden.
Unsere Kernfrage, ob speziell Sucralose benannt werden muss, lässt sich aus dieser Antwort nur zwischen den Zeilen beantworten. Süßungsmittel als Zusatz sind zu kennzeichnen, aber welches genau, das lässt der Verordnungstext offen. Dasselbe gilt dann wohl auch für Cooling Agents als Zusatzstoff in Liquids.
Am Ende der Antwort des BfR kam noch der Nachsatz: „Ich möchte Sie weiterhin darauf hinweisen, dass die Einhaltung der rechtlichen Vorschriften von den Marktüberwachungsbehörden der Bundesländer kontrolliert wird.“ Freundlicherweise war ein Link hinterlegt, wo wir uns eine vollständige Liste aller Überwachungsbehörden der Länder downloaden konnten.
Fazit
Aus Verbrauchersicht wäre es wünschenswert, wenn der Handel verpflichtet wäre auszuzeichnen, welche Art von Zusatzstoffen spezifisch in einem Liquid enthalten ist. Diese Forderung hatten wir bereits im Januar 2024 für die genaue Sorte von Nikotinsalz erhoben. An anderer Stelle wird zumindest darüber bereits geredet und eine Empfehlung ist in Vorbereitung. Wir bleiben an dem Thema auf jeden Fall weiter dran.
Aus Verbrauchersicht fordern wir erneut eine spezifische Deklaration:
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Name des zugesetzten Süßungsmittels
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Name des zugesetzten Cooling Agents
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genaue Bezeichnung des verwendeten Nikotinsalzes oder der zur Protonierung verwendeten Säure
bvra
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