Geschmacksvielfalt ist wichtig für E-Zigaretten-Nutzer

Die E-Zigarette ist ein probates Mittel, um mit dem Rauchen aufzuhören. Nach einer großen Umfrage mit 35.000 Befragten aus 28 EU-Staaten sind die Aromenvielfalt, der Preis und die Verfügbarkeit wichtige Kriterien, um nicht wieder rückfällig zum Tabakrauchen zu werden.

Die European Tobacco Harm Reduction Advocates (ETHRA) hatte im Winter 2020 eine online Umfrage [1] gestartet, um das Konsumverhalten von Rauchern und Nutzern tabakfreier Alternativen in Europa zu analysieren. Berücksichtigung fanden neben dem eigenen Konsumverhalten auch Fragen zur Auswirkung von Steuern oder Markteinschränkungen in den jeweiligen Mitgliedstaaten oder Fragen zu den in Brüssel diskutierten Aromaverboten.

Aus Deutschland nahmen 6.283 Bürger teil. Davon sind nach eigenen Angaben 96% Nutzer von E-Zigaretten. Die große Mehrheit der Antworten kommt also von den sog. Dampfern. Damit kann diese Umfrage auch nur bedingt repräsentativ für eine Bevölkerung sein, aber sie ist es ganz sicher für die Nutzer von E-Zigaretten. Gemessen an der absoluten Zahl der Dampfer in Deutschland (1,4% = 1.020.000 nach der DEBRA-Studie [2] vom Dezember 2021, Befragung ab 14 Jahre) ist eine Beteiligung von 6.283 an einer freiwilligen Umfrage schon eine bedeutende Zahl.

Wer sind die Konsumenten?

Der durchschnittliche E-Zigarettenkonsument in Deutschland ist männlich (82%) und etwa 35 Jahre alt. 64% der Befragten waren in der Altersgruppe 30-50 Jahre. Nach oben und unten nimmt die Zahl deutlich ab. 44% dampfen bereits seit 2-5 Jahren. Etwa 20% gaben an, neben der E-Zigarette auch weiterhin Tabakprodukte zu konsumieren ( sog. Dual-Use). Dazu zählt die Umfrage neben den brennbaren Produkten (Zigarette, Zigarre, Pfeife, Shisha) auch nicht brennbare wie Tabakerhitzer, Schnupf- und Kautabak sowie Nikotinbeutel.

Dampfen als Ausstieg aus dem Rauchen

Bei der Frage nach den Mitteln, die es ermöglicht haben nicht mehr zu Rauchen, belegte die E-Zigarette unangefochten Platz 1 mit 98%. Da sich mehrheitlich Dampfer geäußert haben, ist das kein überraschender Wert. Aber Platz 2 schon: Ohne Hilfsmittel / nur mit Willenskraft. Die Informationen der WHO waren mit nur 0,08% am wenigsten hilfreich.

Welche Rauchstoppmethode haben sie verwendet? (Mehrfachnennungen möglich)

  1.     E-Zigaretten
  2.     Ohne Hilfsmittel / nur mit Willenskraft
  3.     Pharmazeutische Nikotinersatzprodukte
  4.     Unterstützung durch Verwandte
  5.     Snus oder Nikotinbeuteln (Snus ist in der EU nur in Schweden erlaubt!)
  6.     Rauchstoppbuch
  7.     Hypnose
  8.     Rauchstopphotline
  9.     Pharmazeutische Medikamente
  10.     Suchtmediziner oder Rauchstoppeinrichtung
  11.     Selbsthilfegruppe
  12.     Informationen der WHO

Bei vielen wird es ein Mix aus verschiedenen Möglichkeiten gewesen sein, der sie zum Rauchstopp gebracht hat. Aber die E-Zigarette hat dabei offenbar einen ganz bedeutenden Anteil. Allerdings klappt das nicht immer bei jedem. Die Gründe, warum schadensminimierte Produkte bei ihnen nicht funktionierten, gaben 917 Befragte in folgender Reihenfolge an:

Was hindert Sie daran, mit dem Rauchen aufzuhören? (Mehrfachnennungen möglich)

  1.    Unentschlossenheit
  2.    Unzureichende Nikotinmenge
  3.    Mangel an Unterstützung oder Beratung
  4.    Kosten neuer Produkten

Gefolgt von Unsicherheiten durch Verfügbarkeit und Auswahl oder auch fehlendes Wissen über die neuartigen Produkte und deren Risiken.

In Deutschland gilt wie in der gesamten EU eine Begrenzung der Nikotinmenge von maximal 20 mg pro ml Liquid. Zum Vergleich: das Podsystem Juul, das in den USA lange Zeit ein Verkaufsschlager war, enthielt mit bis zu 58 mg pro ml nahezu das Dreifache. Mit nur 20 mg funktionierte die Juul aber nicht, weshalb sie in Europa eher schlecht lief. Juul Labs hat sich inzwischen aus dem europäischen Markt zurück gezogen. Etliche Reisende, die ein solches Gerät einmal mitgebracht haben sagten, mit der amerikanischen Menge sei es erheblich einfacher, die Nikotinmenge einer Tabakzigarette zu simulieren. Der Ausstieg vom Rauchen wäre deutlich einfacher zu realisieren.

Gründe für den Rauchstopp

Die Befragten gaben ihre maßgeblichen Gründe für den Umstieg vom Rauchen aufs Dampfen in einem Ranking an. Wichtig oder sehr wichtig waren demnach:

  1.     Verbesserung der Gesundheit durch Schadensminimierung (94%)
  2.     Der Wille auszusteigen oder zumindest zu reduzieren (87%)
  3.     Geschmacksvielfalt der Liquids durch Aromen (70%)
  4.     Der geringere Preis als Tabakprodukte (63%)

Abgeschlagen auf den letzten beiden Plätzen finden sich Gründe wie Lifestyle (6%) oder Anreize durch Werbung (5%). Das weitere Konsumieren von Nikotin wird sehr unterschiedlich gewichtet. Von überhaupt nicht wichtig (12,5%) bis sehr wichtig (28,8%) liegen die Angaben alle dicht beieinander. Die Möglichkeit, die Geräte den persönlichen Bedürfnissen anpassen zu können, wird zwar auch als sehr wichtig eingestuft, aber da die Mehrheit der Befragten oft langjährige Dampfer mit entsprechender Markterfahrung sind, kann man diesen Wert nur schlecht auf Einsteiger oder Umsteiger übertragen. Diese Gruppe bevorzugt eher einfache und unkomplizierte Geräte.

Die Frage nach den Gründen, warum jemand nicht komplett auf das Dampfen umsteigt, sondern als Dual-User weiterhin raucht, hatte drei wesentliche Antworten, die auch im Ergebnis dicht beieinander lagen:

  •    Ich mag das Rauchen und will nicht komplett aufhören
  •    Ich hab noch kein Aroma gefunden, das genau das richtige ist für mich
  •    Dampfen befriedigt nicht mein Verlangen nach Nikotin

Auch hier zeigt sich erneut, wie wichtig die Aromenvielfalt ist, um einen Rauchstopp erfolgreich vollziehen zu können.

Gründe für den Dampfstopp

Gefragt wurde nach den Gründen, warum die Nutzung der E-Zigarette wieder aufgegeben wurde, nachdem man es ausprobiert hatte. „Ich brauchte es nicht“ war zusammen mit „Ich mochte es nicht“ die meist gegebene Antwort. Dann folgten „Zweifel bezüglich der Gesundheitsgefahren“ und „Ich weiß es nicht“.  Unzureichende Nikotinmenge, Verfügbarkeit und Preis runden die Antworten ab.

Geschmacksvielfalt ist enorm wichtig

Umsteiger berichten einhellig, dass sich ihre Geschmacksnerven nach dem Rauchstopp wieder regenerieren und sie dann erheblich besser riechen können sowie Geschmäcker wieder deutlich differenzierter wahrnehmen. Das ist eine unmittelbare Folge des Rauchstopps. Die E-Zigarette kann diesen Prozess höchstens unterstützen. Wer nun welchen Geschmack im Liquid bevorzugt, das ist sehr individuell.

Die Vorlieben der Deutschen für welche Art von Aromen zeigt die folgende Liste:

  1.     Früchte (einzeln oder als Mischung)
  2.     Süßigkeiten (auch Kuchen und Gebäck)
  3.     Getränke aller Art (Kaffee, Tee, Softdrinks)
  4.     Tabak, gemischt mit anderen Aromen (z.B. Vanille)
  5.     Reine Tabakaromen
  6.     Menthol (pur)
  7.     Ohne Geschmacksrichtung (Basis pur)

Die Plätze 4 bis 7 in dieser Liste haben zusammen so viele Nennungen, wie der Platz 2 (Süßigkeiten) allein. Eine gesetzliche Beschränkung auf genau diese erlaubten Aromen wäre ein heftiger Rückschlag für alle Dampfer und gefährdet das Ziel der Tabakkontrolle. Nur 16% der Befragten würden sich wieder an den Tabakgeschmack gewöhnen (wollen oder müssen) und immerhin 26% gaben an, dann wahrscheinlich wieder mehr zu rauchen. Aber satte 67% würden sich um alternative Quellen (jenseits des Fachhandels) bemühen, um an Aromen zu kommen. Verbunden ist damit aber die große Gefahr, dass Produkte genutzt werden, die unreguliert sind, oder wegen eines möglichen Ölanteils tatsächlich auch gefährlich sind. Oder Stoffe enthalten, die aus gutem Grund in Liquids nicht zugelassen sind.

Die Auswirkung von Steuern und Regularien

Die deutschen Dampfer gaben an, etwa 13 ml Liquid pro Tag zu verbrauchen mit einer Nikotinkonzentration von durchschnittlich 4,65 mg. Je nach Gerät und Art des Dampfens kann man feststellen: je geringer der tägliche Verbrauch, desto höher die Nikotinkonzentration. Die Umfrage wurde allerdings erstellt, bevor die Einführung einer Liquidsteuer in Deutschland diskutiert und übereilt umgesetzt wurde. Daher darf bezweifelt werden, ob die angegebenen Verbrauchsmengen in Zukunft noch Gültigkeit haben. Die besagten 13 ml würden dann zusätzlich zu ihrem regulären Preis um 2,58 EUR teurer werden (16 Cent pro ml zuzügl. MwSt.) durch die erste Stufe der Tabaksteuer ab 01.07.2022. Mit dieser Teuerungsrate ist der Preisvorteil hinsichtlich der Packung Tabakzigaretten dahin. Zum Zeitpunkt der Umfrage gaben 91% der Nutzer an, dass sie das Dampfen als günstiger oder wesentlich günstiger einstufen. Auch diese Einschätzung müsste neu eingeordnet werden.

Bei der Frage nach den Bezugsquellen gaben die deutschen Dampfer an, sich zu 85% im Fachhandel zu versorgen. Ob online oder im Laden vor Ort. Auslandsbestellungen liegen bei 6% und Tankstellen oder Kioske haben bei den Befragten nur einen Marktanteil von 3,3%. Der Schwarzmarkt ist mit 0,65% nahezu bedeutungslos. Das wird sich aber sehr wahrscheinlich dramatisch ändern.

Bei einer hohen Besteuerung mit dem Dampfen aufzuhören, ist für die meisten entweder keine Option (50%) oder zumindest unwahrscheinlich (15%). Der Wechsel zu anderen Nikotinersatzprodukten wird von 70% der Befragten abgelehnt.

Ganz anders der Trend bei den Produkten von alternativen Quellen (grauer oder schwarzer Markt). 58% der Befragten sind offenbar bereit, diesen Weg zu gehen. Und das hätte langfristige Konsequenzen auf die Produktsicherheit, die wir in Deutschland bereits vorbildlich installiert haben.

Produkte jenseits der legalen Bezugsquellen sind wahrscheinlich nicht oder nur unzureichend reguliert und gekennzeichnet. Niemand der Benutzer wird genau wissen, was er sich da gekauft hat und ob das überhaupt zum Dampfen geeignet ist. Im worst-case-szenario hätten wir dann plötzlich, wie bei einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung, etliche Erkrankungen und Schädigungen, die bisher mit den regulierten Produkten erfolgreich verhindert wurden, sowie eine weitere Steigerung der Raucherquote in Deutschland mit den entsprechenden Langzeitfolgen für das Gesundheitssystem.

Die Dampfer in Deutschland sehe das ebenfalls mit großer Sorge. Immerhin 57% würden es als „extrem hilfreich“ betrachten, wenn sie anhand einer öffentlich einsehbaren Zutatenliste genau nachvollziehen könnten, was sie sich da in den Tank gefüllt haben. Aber kein Hersteller wird seine Rezepturen öffentlich machen. Das ist genauso unwahrscheinlich wie die Aufhebung der maximalen Gebindegröße von 10 ml oder die Zurücknahme der Nikotinbegrenzung von 20 mg pro ml. All das sind mehrheitlich gewünschte Änderungen seitens der Konsumenten, die in der Umfrage der ETHRA geäußert wurden.

Die Politik sollte diese Bedenken nicht allzu arglos beiseite wischen.

 

[1] https://ethra.co/eu-survey

[2] https://www.debra-study.info/

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Geschmacksvielfalt ist wichtig für E-Zigaretten-Nutzer
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