Die Liquidsteuer – Der Stand der Dinge

Am 14.10.2021 erhielt der BVRA von der Generalzolldirektion die Anwendungshinweise und aktuellen Rechtsauffassungen zur Umsetzung der überarbeiteten Tabaksteuergesetzgebung, die auch Flüssigkeiten für die Verwendung in E-Zigaretten umfasst. Deswegen wollen wir den aktuellen Sachstand aus Sicht des Verbandes kurz zusammenfassen.

 Was passiert wann?

Mit Stichtag 01.07.2022 werden Flüssigkeiten für die Verwendung mit/in E-Zigaretten als sogenanntes „Substitut“ besteuert und zwar in Höhe von

  • 16 Cent pro ml ab 01.07.2022
  • 20 Cent pro ml ab 01.01.2024
  • 24 Cent pro ab 01.01.2025
  • 32 Cent pro ml ab 01.01.2026.

Steuergegenstand sind dabei i.S.d. des neu gefassten §1 Abs. 2c TabStG

  • Fertigprodukte (10ml Liquids), reine Nikotinlösungen (Shots) und nikotinhaltige Mischkomponenten sowie
  • Mischkomponenten in Gebinden mit „Leerraum“, in denen auf einfache Weise weitere Mischkomponenten beigefügt werden können (sog. „Shortfill“ oder „Longfill“).

Substitute für Tabakwaren sind bei entsprechender Zweckbestimmung als Mischkomponenten für E-Zigaretten

  • nikotinfreie Mischkomponenten in Form von Glyzerin, Propylenglykol (auch Mischungen hieraus; sog. Basen) und
  • Aromen.

Die Zweckbestimmung als Mischkomponente für E-Zigaretten ergibt sich aus der Art und Weise der Marktplatzierung, der Aufmachung bzw. Gestaltung der Kleinverkaufspackung, der getroffenen Bestimmung des Produktes und einer damit einhergehenden Konsumentenerwartung.

 

Laut Rechtsauffassung der Generalzolldirektion unterliegen Steuergegenstände bei den Mischkomponenten bei Vorliegen der entsprechenden Zweckbindung auch automatisch allen auch für Fertigprodukte geltenden Kennzeichnungs- und Dokumentationspflichten sowie dem Jugendschutz. Die Zweckbindung als Solche soll zudem offen erkennbar sein. Konsumentinnen und Konsumenten müssen sich bei Onlinebestellungen ggf. auf einen entsprechenden Mehraufwand einstellen. Auch ein von der Steuer unabhängiger Preisanstieg durch den gesteigerten Aufwand (Kennzeichnung, Jugendschutz, Meldepflichten für vorher nicht betroffene Produkte) ist möglich.

Bereits im Verkehr befindliche Waren werden erst einmal nicht nachversteuert, jedoch besteht aufgrund einer EU-weiten Harmonisierung zu Verbrauchssteuern offenbar eine Nachversteuerungspflicht „durch die Hintertür“ ab 13. Februar 2023. Das heißt bis zu diesem Zeitpunkt werden in jedem Fall noch komplett unversteuerte Waren im Offline- und Online-Handel verfügbar sein. Bestellungen unversteuerter Produkte aus dem Ausland (auch innerhalb der EU) sind ab 01.07.2022 nicht mehr legal möglich.

Wo stehen wir?

  • Die uns übersandten Dokumente der Generalzolldirektion werden Verbandsmitgliedern im internen Forum  (Bereich Politik) zugänglich gemacht.
  • In den Ausführungen der Generalzolldirektion fehlt es an Festlegungen zu Freimengen bei privater Einfuhr aus anderen EU-Staaten oder Drittstaaten. Der BVRA hat zu dieser Frage bereits Kontakt mit dem zuständigen Sachbearbeiter aufgenommen und Mitarbeit angeboten, da die vom BMF im Gesetzgebungsprozess avisierten Gebrauchsbedingungen nicht der Lebensrealität der Nutzerinnen und Nutzer entsprechen. Über den Fortgang bei diesem Thema werden wir weiter informieren.
  • Die Rechtsauffassung der Generalzolldirektion zur Verwendung von unversteuerten Aromen oder Basen aus anderen Handelsquellen ist, Zitat: „Eine Herstellung ohne Erlaubnis liegt – neben einer gewerblichen Herstellung – auch vor, wenn unversteuertes Glyzerin oder Aroma in einer E-Zigarette verwendet wird, da dem Glyzerin oder dem Aroma hierdurch eine entsprechende Zweckbestimmung als Mischkomponenten für E-Zigaretten gegeben wird und somit der Steuergegenstand Substitute für Tabakwaren hergestellt wird.“ Entsprechend stellt man sich auch die straf- bzw. bußgeldrechtlichen Konsequenzen vor (§§ 370, 381 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung). Diese pauschale Kriminalisierung der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die damit einher gehende Rechtsunsicherheit ist aus Sicht des BVRA nicht hinzunehmen. Wie so etwas konkret kontrollierbar sein soll, ist unklar. Der Verband wird sich zu den Möglichkeiten einer Klage juristisch insbesondere in Hinblick auf eine Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes beraten lassen.
  • Grüne und FDP haben sich in den Verhandlungen zum TabStMoG klar auf Seite unserer Argumente positioniert. Mit einer möglichen Regierungsbeteiligung dieser beiden Parteien und ggf. sogar Übernahme des Bundesfinanzministeriums durch eine der beiden steht zwar das Gesetz selbst nicht zur Debatte, ggf. aber die Form der Anwendung, was Vorprodukte wie Base angeht. Der BVRA sucht dazu zeitnah das Gespräch mit Vertretern beider Parteien.
  • Mit dem Verdrängen von Selbstmischprodukten wie Einzelaromen (nicht Short- oder Longfill) und Basen aus dem Fachhandel entstehen aus unserer Sicht Gefahren für den Verbraucherschutz. Der BVRA wird das Gespräch mit Verbraucherschutzorganisationen zu diesem Thema suchen.
  • Vor dem schriftlichen Vorliegen der Anwendungshinweise diskutierte der Vorstand auch öffentlich die Möglichkeit einer Klage im Vergleich zur Anwendung der Tabaksteuer auf Vorprodukte im Bereich Shisha. Mit den aktuell vorliegenden Schreiben wertet die Generalzolldirektion Shisha-Melasse jedoch genau wie Base für E-Zigaretten als steuerpflichtiges Vorprodukt, womit der entsprechende Klagegrund aus unserer Sicht bedauerlicherweise entfällt.
Die Liquidsteuer – Der Stand der Dinge
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Bundesverband Rauchfreie Alternative e. V.
Der BVRA e. V. ist ein unabhängiger Konsumentenverband. Wir setzen uns ein für die Tobacco Harm Reduction und eine Beurteilung aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse.

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